Die gute alte Flimmerkiste

Als ich Kind war hatten wir drei Programme und um ca. Mitternacht war Sendeschluß. Für die jüngeren: Es wurde einfach nur noch ein Testbild über den Äther geschickt, ohne Bewegung. Da ich schon als Kind Science Fiction liebte, durfte ich bei einem Schulkameraden Flash Gordon schauen, die hatten schon 4 Sender zur Auswahl. Mein eigener Fernseher war noch schwarz/weiß, das Bildformat einer Briefmarke und wog dafür gefühlte 2 Tonnen.

Heute habe ich wie viele andere einen riesigen, flachen Bildschirm und dank Receiver empfange ich rund etwa 100 Programme, die rund um die Uhr senden. Zur guten, alten Zeit wählte man noch aus was man sehen wollte. Unter anderem gab es noch das Telekolleg, in dem man per TV-Sendungen seinen Realschulabschluß, oder Abitur machen konnte. Heinz Haber hatte ein sehr gute Serie über Raumfahrt und am Samstag saß die ganze Familie bei einer Unterhaltungssendung zusammen.

Später kamen als Infotainment noch die Knoff Hoff Show und Kopfball hinzu. BBC-Produktionen rundeten das Bildungsfernsehen ab. Legendär war bis vor wenigen Jahren die Space-Night auf Bayern 3. Man war informiert, konnte sich bilden und für eine Unterhaltung war auch gesorgt.

Heute bietet sich ein trauriges Bild. Wissenschaftliche Sendungen gibt es kaum und wenn, dann verbreiten sie manchmal hanebüchenen Unsinn, oder kratzen nicht einmal richtig an der Oberfläche. Dafür haben wir „Scripted Reallity„, in der miserable (Nicht)Schauspieler „echte“ Fälle darstellen. Kein Sender ohne eine Kochshow und von den Daily Soaps fange ich erst gar nicht an. Die Qualität und das Niveau sind in den letzten Jahren erheblich gesunken.

Die meisten Sendungen die für junge Leute gemacht werden sind billig gemacht und haben null Aussage. In diesen Sendungen wird zum kaum über Bildung geredet, im Gegenteil, Abitur wird oftmals abgewertet und das herum hängen mit Freunden propagiert. Viele junge Menschen nehmen aber diese Figuren aus dem Fernsehen fast schon als Vorbild. Schule ist Mist, rumhängen geil. Die Themen wiederholen sich ständig, Liebe gefunden, Liebe verloren und da es immer die gleichen 25 Figuren sind kommt es mir fast vor wie Rudelbum ein Durcheinander. Im richtigen Leben ist alles anders.

Die Erwachsenen kommen aber auch nicht viel besser weg. Im guten glauben eine Doku zu sehen, sehen sie doch nur ein kleines Kratzen an der Oberfläche. Möglichst reisserisch aufgemacht, Bilder spektakulär, aber der Inhalt läßt doch oft zu wünschen übrig. Ansonsten bleiben noch Krimis, sehr seichte Unterhaltung und das war es auch schon. Die Filme die heutzutage im Fernsehen laufen sind nur noch eine aneinander Reihung von Action und Spezialeffekten. Qualität sollte man anders definieren.

Wie konsumieren wir das Medium Fernsehen? Wir schalten ein und lassen uns berieseln. Ständig kommen Unterbrechungen für Werbung. Die ist aber auch nicht innovativ, es regiert geiler Geiz, andere können nur billig. Ich schalte um, ich bin ja nicht blöd. So wurde wohl das Zapping erfunden. Mittlerweile schaut man sich 5 Sendungen gleichzeitig an, man sieht zwar alles, aber dennoch irgendwie nichts. Durch die ständigen Wiederholungen verpasst allerdings auch nicht viel, man hat alles schon mal gesehen.

Völlig inaktiv lungert man auf dem Sofa. Es wundert mich nicht, das die Fähigkeit zur Konzentration über längere Zeit abnimmt. Zumindest in meinem Umfeld kann man das beobachten. Die Krönung war im Kino als jemand fragte wann denn Pause sei. Gut, der Film ging etwas länger, um die 3 Stunden (Herr der Ringe, die Gefährten), aber wäre da eine Pause gewesen, dann hätte ich einen Teil meines Eintrittsgeldes zurück gefordert. Unter anderem geht man doch deswegen ins Kino, um einen Film ohne Unterbrechung sehen zu können.

Denken ist beim fernsehen nicht erforderlich. Bei Wer wird Millionär erfreut man sich über die Dummheit des Kandidaten, oder fragt sich woher man das jetzt eigentlich wissen soll. Nebenher im Internet recherchieren tun die wenigsten. Wo bleiben die guten Sachen wie z.B. Tod eines Handlungsreisenden bei denen auch mal der Geist gefordert wird? Es gibt solche Perlen noch. Leider nur zu einer Zeit, in der der Durchschnittsbürger im Bett liegt.

Wer schaut sich das an, wer macht sich die Mühe und sucht nach relativ hochwertigen Sendungen und nimmt sie gegebenenfalls (was für ein Wort zum tippen) auf und schaut sie sich später an? Das sind diejenigen, die von Haus aus ein höheres Bildungsniveau haben. Schantal und Kewwin suchen danach mit Sicherheit nicht. Dazu sind die meisten schlichtweg zu faul und haben an so etwas keinerlei Interesse. Denken ist eben anstrengend, es ist mühsam und könnte am Ende zu höherer Intelligenz führen.

Natürlich ist es auch mal ganz nett, sich einen Action-Reisser im Fernsehen anzuschauen, je mehr Blut desto besser. Aber nicht immer. Ein Muskel der nicht trainiert wird wird schwächer und verkümmert mit der Zeit. Das ist mit dem Kopf genauso, man kann sich vielleicht nicht schlauer machen als man ist, aber viel zu Wissen ist viel wert. Vor allem wenn man das Fach übergreifend verknüpfen kann. Fernsehen wird konsumiert, aber anschließend wieder vergessen. Manchmal merkt man sich doch noch etwas und dann ist es oft auch noch falsch. In einer populärwissenschaftlichen Sendung wurde einmal folgendes behauptet:

 Ein Flugzeug fliegt, weil die Luft oben herum einen weiteren Weg hat wie unten. Nach Bernoulli entsteht somit ein Sog nach oben, das Flugzeug fliegt.

Man hört selten so einen Blödsinn, dieser Effekt macht nur einen kleinen Teil des Auftriebs aus. Selber denken: Im Rückenflug müßte das Flugzeug zum Boden gezogen werden. Symetrische Profile (werden im Kunstflug eingesetzt) haben oben wie unten die gleiche Strecke, das Flugzeug dürfte nicht mal abheben. Und zum Schluß noch das einfachste aller Modellflugzeuge, es hat gar kein Profil an der Fläche, sondern nur ein flaches Brett, trotzdem fliegen diese Dinger. Hier ist das Zauberwort „Anstellwinkel“.

Durch die Auswahl der Sendungen kann man sehr wohl beeinflußen, ob man schlauer oder dümmer wird. Wie erwähnt muss man aber gezielt nach guten Programmen suchen, was mit Arbeit verbunden ist. Alleine für sich gestellt macht die Flimmerkiste nicht riegeldumm, aber bei den meisten Menschen sinkt der Intellekt doch spürbar ein kleines bisschen. Hoffen wir für die menschliche Gesellschaft, daß sich wieder hochwertige Sendungen durchsetzen und diese allzu seichte Unterhaltung immer mehr abnimmt. Nicht ganz, einfach nur mal entspannen darf durchaus sein. Oder wie es Peter Lustig in Löwenzahn immer so schön gesagt hat: „Abschalten!“

denken

Dieses wunderbare Schild habe ich auf der Modellbaumesse gesehen.

Nachtrag:
Meine Frau sieht momentan einen Film. Gerade laufe ich vorbei und sehe ein als Einhorn verkleidetes Schwein. Welch Ironie so etwas im Fernsehen zu sehen, in dem Moment als dieser Artikel fertig ist.

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