Der Weg ist das Ziel

Vor ein einigen Jahren wanderte ich mit ein paar Freunden im Winter ab und zu in ein nahe gelegenes Naturfreundehaus mitten im Wald. Es war toll, man kennt die Wege in und auswendig und so war es im dunkeln auch nie ein Problem, sondern eine wunderbare Nachtwanderung. Auf einer dieser Wanderungen kamen wir beim unterhalten darauf, warum wir das machen und einer meinte dann „Der Weg ist das Ziel.“ Diesen Spruch hatte er aus dem Buddhismus aufgeschnappt, aber völlig falsch verstanden, so wie wohl die meisten Nichtbuddhisten. Ich selbst würde mich als 2/3-Buddhist bezeichnen, weil ich zwar sehr stark daran angelehnt bin, aber viele Dinge vernachlässige. So wie die Christen den Kirchgang, das Gebet und oft auch die Nächstenliebe. Heute möchte ich mal ein bisschen Licht in die Sache bringen.

Der Weg der eigentlich gemeint ist nicht eine Wanderung durch den Wald. Oder der Bau eines Baumhauses nur um des bauens willen. Der Weg den Buddhisten meinen ist der „achtfache Pfad.“ Er entspricht einem Regelwerk das für uns nur etwas unglücklich benannt worden ist. Ich vergleiche das nicht gerne, aber trotzdem mit den 10 Geboten. Auch die sind ein Regelwerk. Beiden ist jedenfalls eines gemeinsam. Wer die Regeln befolgt bekommt automatisch die Belohnung, sei es der Himmel, oder im anderen Fall das Durchbrechen des ewigen Kreislaufs des Lebens (Samsara), gerne auch als Nirvana bezeichnet. Wer die Regeln nicht befolgt darf nach dem tod ins Fegefeuer, bzw. wird wiedergeboren um den ganzen Mist nochmal machen zu müssen. Wir alle wissen doch aber, das es unglaublich schwierig ist sich an diese Regeln zu halten. Schnell hat man eine Kleinigkeit gestohlen. Schrauben in der Werkstatt, Papier im Büro und meinetwegen ein Stück Schokolade von der Oma. Nur mal als einfache Beispiele.

Wie sehen jetzt diese Regeln, dieser achtfache Pfad aber aus? Dies will ich hier kurz erläutern.

  1. Rechte Erkenntnis
    Der Mensch soll die vier edlen Wahrheiten erkennen.
    – Leben ist Leiden, z.B. durch Krankheit, Tod usw…
    – Ursache des Leidens ist Begehren (nach mehr), Abneigung (Neid, Hass, Missgunst) und die Unwissenheit darüber.
    – Durch das restlose Vergehen endet das Leiden (Eintritt ins Nirvana)
    – Durch das Folgen des achtfachen Pfades kann das Leiden erlöschen
  2. Rechte Gesinnung
    Jeder sollte seine Gedanken und sein Tun überdenken und nichts negatives weder nach aussen, noch nach innen tragen. Verlangen führt zu Neid, Neid zu Missgunst, Missgunst zu Hass. Es gibt noch Verblendungen in denen man nichts mehr erkennt als die eigene Wahrheit die man sich zurecht gebastelt hat. All diese Dinge und noch ein paar mehr, gilt es zu unterbinden, auch wenn es nicht immer einfach ist wenn man nicht negativ über den Einbrecher in der eigenen Wohnung denken soll, oder von seinem alten Handy auf das neuste Smartphone des Nachbarn schielt. Man sollte nicht unzufrieden sein mit dem was man nicht hat, sondern zufrieden mit dem was man hat. Ich persönlich finde die Zufriedenheit als eines der höchsten geistigen Güter die wir haben sollten.
  3. Rechte Rede
    Dieses gibt es fast 1:1 in den 10 Geboten: Du sollst nicht lügen. Aber hier geht es noch etwas weiter, jedes gesprochene Wort soll nicht negativ sein, nicht einmal der Gedanke daran. Es beinhaltet Höflichkeit, heutzutage vielfach unterschätzt und viel zu wenig angewendet. Und alles was gesagt wird soll in Liebe geschehen. Auch dem gegenüber den man eigentlich gar nicht leiden kann. In einem berühmten Buch hat mal jemand gesagt „Liebe deine Feinde.“
  4. Rechtes Handeln
    Was wir tun muss rechtens, ethisch und moralisch einwandfrei sein. Nicht stehlen, betrügen usw… Ähnliche Regeln finden sich eigentlich in fast allen Religionen und Philosophien und ich denke dem muss ich nichts mehr hinzu fügen.
  5. Rechter Lebenswandel
    Nun, ich denke das spricht für sich selber. Nicht mit jedem/jeder wilden Sex haben, sich nicht berauschen und was es sonst noch so gibt was verpönt ist. Ausschweifung sind zu vermeiden, egal in welcher Form man sich der Lust hin gibt. Es gibt sogar einige Berufsgruppen die man nicht ausüben sollte. Waffen-, Tier-, Drogenhandel und noch ein paar mehr.
  6. Rechtes Streben
    Die innere Einstellung muss stimmen. In dem Moment in dem negative Gefühle aufkeimen soll man sie unterbinden und in etwas positives verwandeln. Nicht neidisch sein auf die Satellitenschüßel des Nachbarn. Der hat 317 Kanäle zur Auswahl, aber die wenigen die man selbst hat besitzen wenigstens Qualität. Und somit wird aus dem Neid eine Zufriedenheit.
  7. Rechte Achtsamkeit
    Was man tut soll man mit voller Aufmerksamkeit tun. Dies gilt für die Gedanken genauso, wie für die physische Welt. Konzentriert über eine Sache nachdenken, ohne ab zu schweifen. Als Nebeneffekt lassen sich damit viele Probleme über die man nachdenkt schneller lösen. Wenn man etwas tut darf man sich nicht ablenken lassen, wenn das Katzenklo geputzt wird wird das Katzenklo geputzt und dabei nicht an die fällige Steuererklärung gedacht. Wenn man isst, dann isst man man und schaut nicht nebenher fern. Oder anders herum. Meine Partnerin kann das schon nicht mehr hören, aber ich sage öfters einfach nur „Achtsamkeit„. Sie sieht aber in ihrem Multitasking eine Zeitersparnis, was dann aber manchmal schief geht, weil ohne Achtsamkeit landet der Paprika nicht in der Pfanne, sondern auf dem Boden. Wenn die Augen auf den Kater und nicht auf den Weg gerichtet sind, bleibt man eben mal an einem Pflanzenkübel hängen. Wobei ich zugeben muss manchmal auch nicht besser zu sein, weil es doch sehr schwierig ist wenn man viel um die Ohren hat. Meine Schienbeine sehen dank der Pflanzenkübel nicht immer gut aus.
  8. Rechte Meditation
    Sinn und Zweck der Übung ist die Kontrolle über den Geist. Egal was wir tun, meistens schweifen die Gedanken ab (Achtsamkeit habe ich gesagt) und schnell rasen die Gedanken nur so dahin. Wie zappen beim Fernsehen, man denkt an alles, hat am Schluß aber nichts erreicht. In der Meditation konzentriert man sich voll und ganz auf seinen Atem. Wenn ein Gedanke kommt, dann läßt man ihn einfach weiter ziehen und fühlt nur noch das Atmen. Wobei man an dieser Stelle sagen muss, es gibt viele Arten der Meditation, z.B. auch Bewegungsmeditation. Für meine Mutter ist die arbeit in ihrem Garten Meditation, für mich ist das nur viel Schweiß und Muskelkater.
    Erst wenn man seinen Geist und somit seine Gedanken kontrollieren kann, erst dann kann man sich auf wesentliches besser konzentrieren (Sagte ich Achtsamkeit?). Und erst dann kann man gezielt negatives in positives umwandeln. Und nur dann kann man Verblendung, Neid, Missgunst und Hass hinter sich lassen, was für das Durchbrechen des Zyklus der Wiedergeburt essentiell ist.

In der westlichen Welt hat man für „Der Weg ist das Ziel“ eine eigene Philosophie gefunden. Natürlich, das Ziel ist nicht unwichtig, aber der Weg spielt dennoch die größere Rolle. Nehmen wir mal einen Leichtathleten. Natürlich will er weiter springen als die anderen, als erster die Ziellinie überqueren, oder die Kugel am weitesten stoßen. Aber trotzdem gilt tatsächlich dieser Spruch wie die meisten ihn verstehen. Das harte Training, die Beschäftigung mit seinem Körper, das fit halten ist der Weg. Darum tut man das. Wenn allerdings das Lorbeer auf dem Haupt sitzt, dann geschieht dies automatisch, weil zuvor alles richtig gemacht hat und alle anderen eben nicht zu 100%.

Nun habe ich nur noch ein Ziel, den nächsten Blog zu schreiben. Aber das tue ich um des schreibens willen, das ist mein Weg.

Treppe01Die Wege die wir bestreiten sind oft lang und schwierig.