Demokratie

Es war einmal vor langer Zeit, da wurde in Griechenland eine neue Politik erfunden. Nicht ein König wurde von Gott auserkoren zu herrschen, nein, das Volk sollte seine Herrscher selbst bestimmen. Zumindest durften männliche Vollbürger entscheiden, z.B. Sklaven und Frauen blieben dabei außen vor. In der Antike war dies ein Novum. Und heute? Heute ist die überwiegende Staatsform auf der Welt die Demokratie. Das Wort bedeutet Herrschaft des Staatsvolkes, wobei ich mich selber zwar als Teil des Volkes ansehe, aber herrschen werde ich sicherlich nicht. Dennoch bin ich ein Verfechter von Demokratie. Nicht weil es das beste System ist, sondern weil es zur Zeit am besten funktioniert.

Die Vorteile der Demokratie dürften hinlänglich bekannt sein. Aber sie ist eben nicht perfekt, weil der Mensch nicht perfekt ist. Es gibt immer wieder Mißstände in den Entscheidungen. Es wurde ein Vertreter für das Volk, sagen wir mal die Region in der ich lebe, von der Mehrheit gewählt. Selbst wenn ich mit diesem Vertreter einverstanden bin, es gibt eben nicht in allen Punkten eine Übereinstimmung der Meinung. Meinetwegen teilt er 70% meiner Denkweise. Und die restlichen 30%? Mit denen bin ich nicht einverstanden, somit werden nicht alle Entscheidungen die er trifft meine Zustimmung finden. Und hier liegt einer der Hunde begraben. Egal ob ich jemand in ein Parlament wähle, oder das Staatsoberhaupt direkt, es bleibt ein Kompromiss. Man wählt in Wirklichkeit nicht was man will, sondern was für einen individuell das kleinste Übel darstellt.

So manche politische Entscheidung ist nicht beliebt. Wenn es nach dem Volk ginge, dann gäbe es keine Steuern, aber die Straßen sähen dementsprechend aus und Schulen wären für die Eltern richtig teuer. Das will man aber auch nicht. Also wird sich hier über den Willen des Volkes eingesetzt. Das mag man in diesem Fall ja noch einsehen, aber es gibt auch Fälle in denen das Volk komplett übergangen wird. In meiner Heimatstadt gab es in den 70ern eine Abstimmung, ob die sogenannte „Westumgehung“ gebaut wird. Mit niedeschmetterndem Ergebniss wurde dies von den Bürgern abgelehnt. In den 90ern gab es noch einmal eine Abstimmung, hier fiel das Ergebniss knapper aus. Aber auch nur, weil Teile des Landkreises die nichts damit zu tun haben gefragt wurden. Aber auch hier wurde die Umgehung abgelehnt. Was macht der gewiefte Politiker? Eine Kreisstraße in der Nähe wurde auf die Trasse der geplanten Umgehung verlegt. Und wenn man schon dabei ist, kann man sie auch gleich ausbauen. Jetzt haben wir trotz negativer Abstimmung die Westumgehung. Ist das noch Demokratie? Ich halte das für eine Sauerei.

In einer Demokratie erwartet man eigentlich eine Wahl, aus mehreren Kandidaten wird einer gewählt, der einem genehm ist. Das mag im Großen noch funktionieren, da sich doch noch einige Bürger engagieren, aber im Kleinen funktioniert das oft nicht mehr. Gerade in Vereinen ist doch jeder froh wenn es jemand gibt „der es macht“. Als ich zum Vorstand gewählt wurde gab es zur Auswahl für jeden Posten ein Mitglied. Heutzutage will niemand mehr Verantwortung übernehmen und so ein Posten ist auch immer mit etwas arbeit verbunden. Das wird gescheut, die Mitglieder eines Verein wollen in Ruhe ihrem Hobby fröhnen, aber ansonsten nichts investieren. Damals stellten wir kurz unsere Ziele vor und anschließend wurde geheim gewählt. Wobei das Ergebnis eigentlich schon vorher fest stand, alles andere wäre eine Überraschung gewesen. Aber ist das noch Demokratie? Ich halte das für aus der Verantwortung ziehen.

Gehen wir wieder in die etwas größere Politik. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 hatte die CDU mit 37,2% die Wahl gewonnen. Dies ist allerdings der relativen Mehrheit geschuldet. In Wirklichkeit haben 62,8%, also die absolute Mehrheit diese Partei nicht an die Spitze gewollt, zumindest nicht gewählt. Also kommt eine Fraktion an die Macht, die die Mehrheit gar nicht will. Schlimmer noch, die Wahlbeteiligung lag bei 71,5%, jetzt rechnen wir einmal nach. Von 62 Mio. Wahlberechtigten haben sich sich 16,2 Mio. für den Sieger entschieden. Das sind aber nur 26,1% und das ist alles andere als die Mehrheit. (Zahlen von http://www.bundeswahlleiter.de) Nun ist der allergößte Teil des Wahlvolkes nicht für eine bestimmte Partei und trotzdem gewinnt sie. Ist das noch Demokratie? Naja, gerade noch so. Man könnte es nun auch so machen: Der letzte fliegt aus der Liste und dann wird so lange gewählt, bis eine Partei die absolute Mehrheit hat. Dieses Verfahren wäre zwar etwas gerechter, würde die Wahl bei ca. 30 zur Wahl gestellten Parteien über Monate hinaus ziehen. Praktikabel ist das sicherlich nicht.

Es gibt sicherlich noch unzählige Beispiele, in denen die Demokratie ihre Schwächen zeigt. Dennoch haben wir momentan kein besseres System. Ein König kann tun was er will, ob das gut fürs Volk ist sei dahingestellt. Eine Diktatur möchte auch niemand, denn hier leidet die Freiheit. Kommunismus und Anarchie (Obacht! Hat nichts mit Gewalt zu tun, das wäre eine Anomie) kann nur dann funktionieren, wenn sich der Mensch und die Gesellschaft ändern. Das wird aber so schnell nicht der Fall sein. Also werde ich brav mein Kreuzchen machen, in der Hoffnung nicht allzu weit von meinem Ideal weg gewählt zu haben.